Presse - Polizisten zeigen Sparplänen "Rote Karte"

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Beamte machen Druck / Gesetzentwurf im Landtag / Finanzminister verweist auf Beamte machen Druck / Gesetzentwurf im Landtag / Finanzminister verweist auf knappe Kassen
Von Jürgen Kochinke

FOTO: Vor Beginn der Sitzung des Sächsischen Landtages protestiert gestern Peer Oehler von der Gewerkschaft der Polizei mit einer überdimensionalen "Roten Karte" gegen die geplante Streichung des Urlaubsgeldes und die Reduzierung des Weihnachtsgeldes auf 40%.

Dresden. Am Ende machte sich Ernüchterung breit: "Das ist eine Frechheit", meinte ein junger Polizeianwärter ungläubig, "kaum zu fassen". Eben hatte Finanzminister Horst Metz (CDU) im Landtag in Dresden den Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Thema Beamtengeld eingebracht. Er hatte auf die "dramatische Haushaltslage" des Landes verwiesen und auf "die Pflicht der Beamten, einen solidarischen Beitrag zu leisten". Der Polizeinachwuchs von der Fachschule Kamenz saß derweil oben auf der Landtagstribüne - und war sprachlos.

Es ging um die Zulagen für Beamte, und hier ist die Position der Regierung eindeutig: Es soll gekürzt werden, das Urlaubsgeld komplett und das Weihnachtsgeld von derzeit 65 bis 86 Prozent auf 40 bis 45 Prozent. Genau das wollen Sachsens Ordnungshüter nicht hinnehmen. Seit Wochen gibt es heftige Kritik von Polizeigewerkschaften, aber auch vom Beamtenbund. "Dienst nach Vorschrift" lautet die kaum mehr verdeckte Drohung. Gestern holten sie zum offenen Protest aus. An einem Stand von dem Landtag verteilten Polizisten "Rote Karten" an Regierungschef Georg Milbradt (CDU), ein als Weihnachtsmann verkleideter Polizist präsentierte seinen Sack für die Geschenke - leer, versteht sich.

Der Sinn der Übung war klar. Mit ihrer "Aktion Nadelstiche" wollten die Beamten Druck ausüben auf die Politik, so Matthias Kubitz, Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), schließlich muss der Regierungsentwurf in den kommenden Wochen noch vom Parlament beschlossen werden. Deshalb will Kubitz die Abgeordneten überzeugen, vor allem die der CDU- Mehrheit. Sein Argument lautet: Einschnitte ja, aber Sachsen gehe zu weit.

In Eintracht mit dem Beamtenbund unterlegte die GdP ihre Forderung mit Zahlen. Gut 35.000 Beamte gebe es derzeit in Sachsen, rund drei Viertel davon im einfachen bis gehobenen Dienst. Ein sächsischer Durchschnittspolizist - 35 Jahre, verheiratet, ein Kind - erhalte rund 17.000 Euro netto im Jahr. "Zu wenig für den schwierigen Dienst", meinte Kubitz, deshalb seien die Kürzungen beim Weihnachtsgeld doppelt so hart.

Genau das sorgte draußen vor dem Landtag für heftigen Gesprächsstoff. Ob Ausrüstung, Autos, Funk- und Fototechnik - "überall fehlt es", meinte der Radebeuler Polizeihauptmeister Steffen Zimmermann. "Jeder, der sich auskennt, kann uns Polizisten technisch vorführen". "Wir sparen an der Inneren Sicherheit", sekundierte Frank Nickich, Oberkommissar ebenfalls aus Radebeul, "auf dem Rücken der noch motivierten Beamten."

Minister Metz kennt solche Einwände, wollte sich aber gestern nicht auf diese Debatte einlassen. Beamte und Richter, so sein Argument, seien sozial abgesichert wie kaum eine Berufsgruppe. Wenn überall gespart werde, könnten beide nicht außen vor bleiben. Im Klartext: Wer Rechte hat, habe auch Pflichten. Und überhaupt sei der Ansatz ein "Beitrag zur Deregulierung und Transparenz", beende alte Unterschiede zwischen Ost- und West-Beamten. "Das finde ich gut", meinte Metz.

Die Opposition findet das auch und lehnt den Regierungsentwurf - der wohl Ende November zur Abstimmung kommt - dennoch ab. "Unsozial" lautet das urteil von Peter Adler (SPD), weil das Vorhaben nicht zuletzt die "kleinen Beamten" trifft; "unsinnig" meinte PDS- Fraktionschef Peter Porsch aus dem selben Grund und weil Beamte sich nicht wie normale Arbeitnehmer gegen Kürzungen wehren können.

Dieses Gefühl muss gestern auch die Polizeianwärter aus Kamenz beschlichen haben. "Solidarbeitrag leisten", lästerte ein Nachwuchsbeamter, beim Thema Abgeordnetendiäten klinge das "immer anders".

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