Presse - Sachsens Beamte fühlen sich belogen und betrogen

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Die Sparpolitik des Freistaates zwischen Weihnachtsgeld für Streifen-Polizisten und dem Gehalt für einen jungen Staatssekretär im Ruhestand
Von Ingolf Pleil

Dresden (Eig.Ber.). Wenn es gegen die Politik der rot- grünen Bundesregierung geht, zeigt Finanzminister Horst Metz sein Herz für die kleinen Leute. Unter dem Kompromiss im EU-Defizitstreit, der Deutschlands Verschuldung durchgehen lässt, werden insbesondere die Menschen mit kleinen Einkommen leiden, meint der CDU- Politiker gestern.

Diese Fürsorge vermissen die sächsischen Beamten gerade in den kleinen Besoldungsgruppen bei der Sparpolitik der Landesregierung. Mit einem Gesetz, das heute im Landtag mit den Stimmen der CDU- Mehrheitsfraktion wohl verabschiedet werden wird, will das Land unter anderem die Weihnachtsgelder (so genannte Sonderzahlungen) kürzen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) wirft Ministerpräsident Georg Milbradt Betrug vor. Er wolle die Polizisten um neun Millionen Euro prellen. Weil das eingesparte Geld entgegen den Ankündigungen nicht als leistungsbezogene Anreize zurückfließen würden. Die GdP ist aus grundsätzlichen Erwägungen gegen die Leistungsprämien auch noch "erstunken und erlogen" seien, wettert GdP- Vize Peer Oehler. Er kennt keinen Polizisten mit Verständnis dafür, dass ihm Hunderte Euro im Jahr von denen genommen werden, die ihre Diäten um Tausende pro Jahr 2003 erst angehoben hätten. Auch der sächsische Beamtenbund (SBB) lehnt die Kürzungen strikt ab und kritisiert die CDU für die Streichung der Kinderkomponente, "den an sich schon lächerlichen Betrag von 25 Euro". Der Finanzminister, so SBB-Chef Frank Conrad weiter, stelle den öffentlichen Dienst mit populistischen Äußerungen als "raffgierig" an den Pranger. Der Schaden für die Motivation der Beschäftigten sei deshalb viel größer als der bescheidene Spareffekt. "Gespart werden muss, aber vernünftig." Die Sparvorschläge des SBB würden jedoch bislang ignoriert. In der CDU- Fraktion gab es gestern keine große Diskussion mehr. Der einfache und mittlere Dienst erhält 2004 nur 1025 Euro Weihnachtsgeld, der gehobene Dienst 1200 Euro, bestimmte Besoldungsgruppen im höheren Dienst erhalten 1500 Euro. Die CDU- Fraktion hat oben etwas mehr gekürzt, als die Staatsregierung wollte, und bei den unteren etwas weniger. Gegen noch stärkere Kürzungen bei den Regierungsmitgliedern, wie es von Teilen der CDU- Fraktion erwartet worden war, soll sich Finanzminister Metz vehement gewehrt haben. So bleibt es bei Staatssekretären (B9: 7368,15 Euro Gehalt) und Ministern (B11: 9421,74 Euro) bei 1800 Euro Weihnachtsgeld. Wenn es um die oberen Gehaltsgruppen geht, sind die Sorgen in Sachsens Staatsregierung offenbar weniger groß. So war Wolfram Köhler, wie das Finanzministerium auf DNN- Anfrage erklärte, durch seine Berufung zum Olympia- Staatssekretär zum Beamten auf Lebenszeit geworden. Nach einem halben Jahr flog er Ende Oktober wieder raus, die Kosten für den Freistaat bleiben aber. Drei Monate bekommt der 35-jährige Beamte im einstweiligen Ruhestand sein Staatssekretärsgehalt weiter: 7544,98 Euro jeweils. 71,75 Prozent davon gibt es danach sechs Monate lang als Ruhegehalt. Bleibt der Familienvater ohne anderes Einkommen, schließt sich daran dauerhaft die Zahlung von 35 Prozent seines letzten Gehalts (6178,68 Euro) als OB in Riesa an: monatlich 2162,34 Euro.

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