Presse - Des Ministers Welt oder Von oben sieht alles besser aus

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Zweifellos haben es Minister schwer. Insbesondere damit, aus dem, was man Ihnen zeigt, zu erkennen, wie die Realität wirklich ausschaut. Deshalb will die GdP auch ihren Beitrag leisten, um keinen ministeriellen Realitätsverlust zuzulassen. Anlass ist das Interview in der Polizei Sachsen 3/2002 mit dem neuen Innenminister. Auf die Frage nach dem Eindruck vom Nachwuchs der Sächsischen Polizei sprich Innenminister Rasch davon, dass es ein angenehmer Nebeneffekt des guten Erscheinungsbildes der sächsischen Polizei ist, dass wir unter einer ausreichenden Zahl von Bewerbern auswählen können.

Peer Oehler von der Kreisgruppe der GdP in der 1. BPA: Es wäre kurz gedacht, sich auf das äußere Erscheinungsbild zu verlassen, wenn man dauerhaft attraktiv wirken will. Bei einem guten Wein macht es auch nicht das Etikett. Wenn man sieht, wie in weiten Bereichen der Polizei Sachsen der Polizeivollzugsbeamte bei Versetzungen, Bewerbungen und Beurteilungen als Objekt eines untransparenten Behördenwillens behandelt wird, erkennt man, dass die Attraktivität für viele schnell wieder schwinden kann. Es sei gerade bei jungen Menschen in der Einsatzhundertschaft und in der Ausbildung zu erkennen, dass man sich ein modernes Mitarbeiterbild, das Aufbrechen von hierarchieanbetendem Untertanengeist und eine Steigerung der Eigenverantwortung und Senkung der Reglementierung wünscht. Wir stellen intelligente kreative junge Geister ein und der Minister behauptet bei der Vereidigung, den AnwärterInnen stünden alle Türen offen. Was Beamte aber erleben ist laufbahn- und beamtenrechtlich zementierter Stillstand ihrer Entwicklung. Viele Beamte sind frustriert. Ich kenne mehrere junge Beamte, die sich mit dem Gedanken der Kündigung tragen, weil sie sich in der Polizei nicht verwirklichen können oder kaum Chancen auf selbstbestimmte Entwicklung sehen.

Viele Beamte finden das geflügelte Wort "Ich fordere dich, weil ich dich achte." in ihrer Tätigkeit nicht wieder. In diesem Sinne wollen wir auch den ministeriellen Blick lenken. Innenminister Rasch sagt: "Ich habe den Eindruck, dass unser Nachwuchs dem (immer wieder überraschende, neuartige und komplizierte Siuationen zu bestehen - Anm. d. Red.) gewachsen ist." Das stimmt! Wir fragen aber: Ist die Polizei unserem Nachwuchs gewachsen? Oder an einem kleinen Beispiel gefragt: Wann erhalten Beamte in Ausbildung der PFS Kamenz ungehinderten Zugang zum Internetrechner, um auf moderne Art ihr Wissen zu erweitern? Die Aussage von Verantwortlichen, solange man nicht die Fernsehräume sauber hält, wären Beamte in Ausbildung dieser Verantwortung nicht gewachsen, kann doch wohl nicht die Attraktivität darstellen, wie sie Ihnen erscheint. Im Kampf um die besten Köpfe sieht sich die Polizei in den nächsten Jahren harter Konkurrenz gegenüber. Wenn sie in diesem bestehen will, darf modernes Personalmanagement vor der Polizei Sachsen nicht Halt machen.

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