Presse - Lieber Alexander...

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Lieber Alexander,
Von Peer Oehler

... es tut mir leid, daß ich Dich nicht am Flughafen begrüßen konnte, aber das hätte auch wenig Sinn gehabt, denn wir kennen uns überhaupt nicht. Trotzdem: Herzlichen Glückwunsch zu Deinem Olympiagold! Ich kann mir, als nicht unbedingt engster Freund des Sports, wahrscheinlich nicht annähernd vorstellen, welche Arbeit das voraussetzt. Und dennoch finde ich eines bedauerlich: Muß man denn erst Olympiasieger werden, um von den hohen Herrn beachtet zu werden? Was muß geschehen, um diese Herren daran zu erinnern, daß die Polizei keine große graue (oder besser: grüne) Masse ist, sondern eine Anzahl vieler einzelner Menschen, deren Schicksal ebenso wichtig ist, wie das eines Olympiasiegers?

Ich selbst kann mich sicher nicht allzusehr beklagen. Meistens habe ich noch mal Glück gehabt und eine Planstelle bekommen, mit der ich mich anfreunden kann, deshalb kann ich den einen oder anderen Schicksalsschlag wohl doch noch ganz gut verkraften. Aber wenn ich mir anhöre wie Beamte in Ausbildung oder frischgebackene Polizeimeister über Versetzungspraktiken oder ihr Gehör bei Vorsgesetzten diskutieren, dann fallen mir einige Aspekte aus dem Bereich Führungslehre ein, die doch wohl besser umsetzbar sind. Hätte der Minister die Zeit auf dem Flughafen nicht besser nutzen können, zum Beispiel zu einem Gespräch mit "dem kleinen Polizisten" - einem Gespräch, bei dem nicht wie sonst auch einige "Vertreter" dieser Ebene geladen werden, sondern dessen Teilnehmer auch oder gerade ohne Anwesenheit des Dienstvorgesetzten "den Mund mal aufmachen".

Versteh´ mich nicht falsch, Alexander, ich gönne dir von Herzen Deinen Erfolg und dessen Anerkennung auf höchster Ebene, aber ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß da irgendetwas nicht stimmt. Oder glaubst du, daß sich der Minister mit Dir beschäftigen würde, wenn du einfach "nur" frustriert bist von den kleinen Ärgernissen des täglichen Dienstes, von der Dienstplanung, die Dein Privatleben stark strapaziert oder wenn du einfach "nur" ein prima Polizist bist und "nur" deine Arbeit, die aber sehr gut, machst? Findet in der Polizei der Mensch denn nur Beachtung, wenn er so außergewöhnlich positiv wie Du oder extrem negativ auffällt? Es wäre schade, wenn das so ist.

Entschuldige, Alexander, sicher bist Du der falsche Ansprechpartner, um mir diese Fragen zu Beantworten. Vielleicht liest aber auch einer der "Richtigen" diesen Brief.

Ich wünsche dir und Deiner Crew alles Gute und verbleibe mit der Hoffnung auf einen nächsten großen Sieg von Euch mit freundlichen Grüßen

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