Presse - An die Redaktionskonferenz

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Sehr geehrte Damen und Herren der Redaktionskonferenz,

ein Oberhaupt eines Staates soll Anfang dieses Jahrhunderts auf die Frage eines Journalisten, wie er denn die Unzufriedenheit in der Bevölkerung bewerte, geantwortet haben: "Ja ist es nicht wunderbar, wie unzufrieden unsere Menschen sind. So werden wir um so schneller vorwärts kommen." In Anbetracht eines solchen Gedankenganges finde ich es gut und richtig, daß sich die Redaktion des Bepo- Journals durch eigene Unzufriedenheit in einzelnen Punkten selber auf den Prüfstand stellt. In der Tat ist es so, daß Zufriedenheit mit dem Erreichten die Progressivität nicht immer fördert. Aber gerade in der Betrachtung dieses Problems liegen für mich viele Reserven in der Attraktivität des Bepo- Journals.

In meinen Augen soll das Blatt nicht nur Sachinformationen vermitteln, sondern auch Podium für Diskussionen, zum Austausch von Erfahrungen und Meinungen sein. Das setzt aber die Akzeptanz von Meinungsvielfalt voraus und diese scheint mir in der dienstlichen Hierarchie nicht oft gegeben zu sein. Zu oft habe ich den Verdacht, daß einzelne dem Wahrheitsmonopol verhaftet sind; mehr jedenfalls als es in eine Organisation in einer pluralistischen Gesellschaft paßt. Natürlich will ich keine geschlossenen Einheiten, die im Einsatz zu Diskutierclubs mutieren, aber eine Organisation wie die Bereitschaftspolizei Sachsens mit über 2000 Mitarbeitern muß in der inneren Organisation um die höchstmögliche Form von Pluralismus bei der Entscheidungsfindung bemüht sein, um die professionellste aller Handlungsvarianten zu ermitteln. Fast war ich geneigt, das Wort "Beteiligung" zu gebrauchen, aber es steht mir nicht zu, über die Einhaltung des kooperativen Führungsstils zu urteilen. Anstatt dankbar für jede Kritik, für jede Äußerung der Unzufriedenheit zu sein, diese vielleicht sogar zu fördern oder zu fordern, werden diese entweder als Angriff auf den Ideenurheber oder als Diffamierung des Erreichten, beziehungsweise, wenn öffentlich vorgebracht, als Schädigung des Ansehens der Organisation betrachtet.

Wohl dem, der kritisiert wird, denn er hat Mitarbeiter, die mitdenken. Er hat kreatives Potential, eine andere Meinung, an der er sich reiben kann - ein Pfund, mit dem meiner Meinung nach viel zu wenig gewuchert wird. Als ehemaliges Mitglied der Redaktion des Bepo- Journals sind mir Worte bekannt, wie zum Beispiel: "Das wird auch in anderen Bundesländern gelesen und auch im SMI. Wie stehen wir dann dort da." Als ob das Kriterium für Meinungsäußerung ist. Ohne dort gearbeitet zu haben, erlaube ich mir zu unterstellen, daß auch das SMI Fehler macht und die Bereitschaftspolizeien anderer Länder auch das eine oder andere Problemchen haben. Unzufriedenheit äußern, nicht in sich rein fressen, Kritik ertragen, Fehleranalyse betreiben - das ist das Salz in der Suppe, und wir werden um so schneller vorwärts kommen. In einer Wirtschaftszeitung äußerte ein Manager: "Fehler sind das nützlichste, was es gibt, aber nur, wenn sie nicht verschwiegen werden." Wenn also das Bepo- Journal zu wenig als Podium zur Diskussion über den Vergleich von Ist- und Sollstand genutzt wird, liegt ein Grund vielleicht darin, daß der eine oder andere denkt: Es interessiert ja sowieso keinen. Es ändert sich ja eh nichts. Dieses Gefühl, egal ob berechtigt oder nicht, zu ändern, ist Aufgabe der Vorgesetzten.

Damit muß einhergehen, daß sich alle Beamten als geforderte ("Ich fordere Dich, weil ich Dich achte." - und der damit zusammenhängende Umkehrschluß), mit Verantwortung betraute, unverzichtbare Elemente einer ganzen Organisation sehen und den Eindruck haben, daß ihr Mitdenken gewollt ist. Wer Iststände kritisiert, ist nicht gleich der Totengräber der Bereitschaftspolizei, sondern jemand, der schneller vorwärts kommen will. Wenn allen Beamten das Gefühl vermittelt wird, mit ihrer Meinung anerkannter Teil der Bepo zu sein, dann wird man auch weniger in Kaffee- Ecken und Sozialräumen tratschen und vermehrt das Bepo- Journal als Podest für neue Ideen nutzen. Damit wird die Attraktivität des Bepo- Journals noch weiter gehoben.

Apropos neue Ideen: Trotzdem wir in der Ausbildung von einer Reform zu nächsten hasten und jeder sich nach etwas Endgültigem seht, gestatte ich mir folgende Frage: Was ist vom Wegfall des Einstellungsdatums 1. März zu halten? Statt dessen wird die Gesamtzahl im September eingestellt. Vorteile:

  1. Reduzierung des Verwaltungsaufwandes
  2. zukünftige BiA blockieren keine Lehrstellen als Übergangslösung von September bis März
  3. alle Ausbilder eines Einstellungsjahrganges hätten nach 2 1/2 Jahren Ausbildung bis zu nächsten Einstellung 1/2 Jahr Praktikum (regelmäßig aller 3 Jahre)


Mit freundlichen Grüßen
Peer Oehler

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