Presse - Peer muss nicht mehr arbeiten!

zurück

05. August 1999, 15.00 Uhr, 1. BPA Dresden, Sitzung des Personalrates - plötzlich ging alles ganz schnell. Antrag - Abstimmung - Ergebnis: Neuer Vorsitzender des Personalrates ist Peer Oehler. - Vorstellung beim Abteilungsführer - Schlüsselübergabe - Feierabend.

Als am selben Abend eine Freundin zu Hause anrief und fragte, ob ich schon von Arbeit zurück sei, antwortete meine bessere Hälfte: "Na klar, aber Peer muss jetzt nicht mehr arbeiten." Über diese missverständliche und zugegeben etwas verwegene Interpretation einer Vollfreistellung nach dem Sächsischen Personalvertretungsgesetz konnte ich zu diesem Zeitpunkt noch schmunzeln. Noch! Bemerkungen von einzelnen Kollegen wie: "Na, da bist du ja bald Oberkommissar!" oder "Toll, jetzt dürfen wir deine Arbeit machen!" und "du hast´s gut, du kannst abstinken.", taten aber das Übrige. Aber trotzdem: "Schönen guten Tag, liebe Beschäftigte! Ich bin der Neue und hätte gern ein Pfund Unterstützung, 1/2 Pfund Mitarbeit und 150 Gramm noch von dem da hinten - na wie heißt das, ach ja - Vertrauen!" Und siehe da, ich bekam.

Nun, nachdem sich die anfängliche Irritation über mein Uniformtragen, Mitfahren bei Einsätzen und demonstratives "Türoffenstehenlassen" gelegt hat, geht´s wirklich ans Eingemachte. Von vielen Problemkreisen hatte/habe ich null Ahnung. An dieser Stelle vielen Dank an die Kollegen, die mir die nicht immer auf Anhieb nachvollziehbaren Zusammenhänge im Leben der Abteilung verständlich machen. Leider kann und darf sich die Personalvertretung und damit deren Vorsitzender oftmals nicht so einmischen, wie es gewünscht wird. (Wink mit dem Zaunspfahl an die Berufsverbände - das müsstet ihr dann machen!) Aber die Personalvertretung kann zumindest Missstände nennen, Fragen stellen, Antworten fordern, Anregungen geben, den Beschäftigten zuhören, versuchen, dem Dienststellenleiter das Gefühl zu geben, dass der Weg des Beschäftigten zum Personalrat stinknormal ist und deutlich machen, dass nicht nur die Beschäftigten die Vorgesetzten, sondern diese auch die Beschäftigten verstehen müssen. Ein Weg, diese Arbeit des Personalrates darzustellen, ist sicherlich die vom Personalrat für den 25. November geplante Personalversammlung.

Die Zahl der Beschäftigten, die den Weg ins Zimmer des Personalrates suchen, häuft sich und wenn die Ansprechpartner des Personalrates dann noch die lebendigen Vorbilder der Konflikthandhabung und Problemlösung sind, springt vielleicht doch am Ende ein wenig Arbeit im Interesse der Beschäftigten und der Dienststelle heraus. Eines sollte klar sein: Das Wahrheitsmonopol hat keine Seite gepachtet. Doch bis es normal ist, dass Beschäftigte sich wagen, aus ihrer Sicht unrechtmäßig oder vermeintlich nicht sinnhaften Anordnungen zu widersprechen, dazu möglicherweise den Personalrat instrumentalisieren und im Falle des Rechtbekommens nicht durch verdeckte Seitenhiebe doch noch die Verlierer sind, ist es noch ein weiter Weg.

Am Ende noch etwas Lyrik: "Wenn der Wind der Veränderung etwas stärker weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen." Lasst uns Windmühlen bauen. In diesem Sinne - Peer muss doch arbeiten!

Peer Oehler
Personalratsvorsitzender,
1. BPA Dresden

zurück