Presse - Ferngesteuert, Fremdbestimmt

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In der Zeitschrift "Die Personalvertretung" (8/2000) las ich kürzlich in einem Artikel, der die Ursachen für Korruption beleuchtet, folgende Zeilen:

"Die gegenwärtige Diskussion über die Korruption vernachlässigt indessen, dass eine wachsende Zahl der Amtsträger von den Möglichkeiten zur Persönlichkeitsentfaltung, die ihnen der Rechtsstaat bietet, enttäuscht ist. ... Der gegenüber dem Gesetz verlangte Gehorsam des modernen Beamten ... erwartet hinsichtlich der Verfolgung eigener Neigungen unbedingte Askese. Die Fremdbestimmtheit des Amtsträgers vergrößert sich durch die Handlungsanweisungen der Verwaltungsvorschriften und der Vorgesetzten."

Der Gedanke ist nachvollziehbar, dass ein Amtsträger Korruption um so mehr widersteht, je mehr er sich im Handeln seiner Behörde wiedererkennt. In dem Maße also, in dem (auch verwaltungsinterne) Vorschriften und Anweisungen nicht mehr verständlich sind oder gemacht werden, bereitet man Nährboden für die innerliche Entfernung des Amtsträgers vom Handeln der Behörde und damit auch für innere Kündigung und im schlimmsten Fall für Korruption.

Jede Reglementierung von Amtsträgern sollte immer im Lichte dieses Gedankens gesehen werden. Gehorsamspflicht und Persönlichkeitsentfaltung schließen sich nicht prinzipiell aus. Beides miteinander zu vereinbaren und dieses Nebeneinander durch kompetente Führung sogar zu fördern erfordert zweifellos mehr Arbeit, aber diese Mühe lohnt sich. Ich glaube, die Arbeit der meisten Beamten zeigt, dass man ihnen vieles zu- und stark vertrauen kann. Der Grad der "Fremdbestimmung" (s.o.) sollte also stetig sinken.

Peer Oehler
1. BPA Dresden

(PS.: Deshalb finde ich es schön, dass man in der VwV Erscheinungsbild des Polizeivollzugsdienstes vielen Ebenen die Kompetenz zur Gestattung von Ausnahmen zutraut.)

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